01.05.2011

Folsäure

Was ist Folsäure?

Folsäure ist ein wasserlösliches Vitamin der B-Gruppe, das natürlicherweise in vielen Lebensmitteln vorkommt, aber auch synthetisch hergestellt wird. Die natürlich in der Nahrung vorhandene Folsäure wird als „Folat“ bezeichnet. Synthetisch hergestellte Folsäure wird in Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt, ist in angereicherten Lebensmitteln enthalten oder wird in Arzneimitteln verwendet. Im Folgenden sind mit dem Begriff „Folsäure“ beide Vitaminformen gemeint.

In welchen Lebensmitteln kommt Folsäure natürlich vor?

Folate kommen in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln natürlich vor. Leber, grüne Gemüse wie Spinat oder Broccoli, Hülsenfrüchte, Weizenkeime, Vollkorngetreideprodukte, Hefe, Eigelb sowie Zitrusfrüchte und -säfte sind besonders reich an Folaten.






Was sind Folatäquivalente?

In Lebensmitteln enthaltene Folate und synthetisch hergestellte Folsäure werden unterschiedlich schnell aufgenommen und vom Körper umgewandelt. Um dieser unterschiedlichen Bioverfügbarkeit Rechnung zu tragen, werden ihre Gehalte international als Folatäquivalente angegeben: 1 Mikrogramm Folatäquivalent entspricht 1 Mikrogramm Nahrungsfolat oder 0,5 Mikrogramm synthetischer Folsäure.

Wozu braucht der Körper Folsäure?

Folsäure ist an einer großen Zahl von Stoffwechselprozessen beteiligt und daher wichtig für alle Zellteilungs- und Wachstumsprozesse. Ist zu wenig von dem Vitamin vorhanden, können diese Stoffwechselvorgänge nicht normal ablaufen. In der Folge können Krankheitssymptome wie Blutarmut, Verdauungsstörungen und Veränderungen an den Schleimhäuten auftreten. Das ungeborene Kind benötigt Folsäure, damit sich das Neuralrohr richtig schließt.

Wie viel Folsäure sollte der Mensch aufnehmen?

Die empfohlene Folsäuremenge pro Tag ist altersabhängig. Jugendliche und Erwachsene sollten täglich 400 Mikrogramm Folatäquivalente aus der Nahrung aufnehmen. Schwangere und Stillende haben einen um etwa 50 Prozent höheren Bedarf, benötigen also rund 600 Mikrogramm.

Kann man die empfohlene Menge an Folsäure über die Nahrung aufnehmen?

Der normale Folsäurebedarf kann über eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung mit sehr viel Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten gedeckt werden. Untersuchungen zeigen allerdings, dass sich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung so ernährt. Das hat zur Folge, dass viele Menschen zu wenig Folsäure aufnehmen.

Sind die Menschen in Deutschland ausreichend mit Folsäure versorgt?

Die empfohlene tägliche Aufnahmemenge von 400 Mikrogramm Folatäquivalenten wird in Deutschland von der Mehrheit der Bevölkerung nicht erreicht. Nur knapp 20 % der Bundesbürger nehmen so viel Folsäure auf wie empfohlen. Im Jahr 2000 lag die Aufnahmemenge an Folatäquivalenten bei Männern zwischen 195 bis 376 Mikrogramm, bei Frauen zwischen 194 und 359 Mikrogramm. Auch in anderen europäischen Ländern ist die Folsäureaufnahme niedriger als empfohlen.

Kann die Anreicherung von Lebensmitteln die Folsäureversorgung verbessern?

Verschiedene Lebensmittel wie Frühstückszerealien, Molkereiprodukte, Salz und Erfrischungsgetränke werden bereits mit Folsäure angereichert. Weil die Ernährungsgewohnheiten und die Gründe für eine bestimmte Lebensmittelauswahl sehr unterschiedlich sind, profitieren aber nicht alle Bevölkerungsschichten gleichmäßig von dieser Anreicherung.
In Deutschland wird deshalb ebenso wie in anderen europäischen Ländern diskutiert, ob die gezielte Anreicherung eines Grundnahrungsmittels, das von allen Bevölkerungsschichten in vorhersehbaren Mengen verzehrt wird, geeignet wäre, die Folsäureversorgung der Bevölkerung zu verbessern. In Ländern der USA und in Kanada wird diese Form der Anreicherung bereits praktiziert. Als erstes europäisches Land wird Irland künftig Mehl obligatorisch mit Folsäure anreichern.

Warum sollen Frauen mit Kinderwunsch und im ersten Schwangerschaftsdrittel zusätzlich Folsäuretabletten nehmen?

Schon in den ersten vier Wochen der Schwangerschaft, einer Zeit, in der viele Frauen noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind, schließt sich das Neuralrohr des Ungeborenen. Bei ungefähr ein bis zwei von 1000 Schwangerschaften erfolgt der Verschluss nicht oder nur teilweise. Es resultiert ein so genannter Neuralrohrdefekt. Der bekannteste ist wohl die Spina bifida, im Volksmund als „offener Rücken“ bezeichnet.
Für Neuralrohrdefekte gibt es verschiedene Ursachen. Studien haben gezeigt, dass sich ihre Zahl verringern lässt, wenn in der kritischen Phase des Neuralrohrverschlusses zusätzlich Folsäure gegeben wird. Sicherheitshalber sollte die Zufuhr vier Wochen vor der Empfängnis beginnen und bis zum Ende der 12. Schwangerschaftswoche fortgesetzt werden. Bis heute ist nicht genau bekannt, wie die Folsäure wirkt. Es ist nur bekannt, dass sie wirkt.

Wie viel Folsäure sollten Frauen mit Kinderwunsch zur Vorbeugung von Neuralrohrdefekten zusätzlich einnehmen?

Über die 400 Mikrogramm Folatäquivalente hinaus, die Jugendliche und Erwachsene täglich mit der Nahrung aufnehmen sollten, wird Frauen mit Kinderwunsch und Frauen im ersten Schwangerschaftsdrittel die zusätzliche Einnahme von 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag über Nahrungsergänzungs- oder Arzneimittel empfohlen. Studien haben gezeigt, dass diese Menge die Anzahl der Neuralrohrdefekte um 20 bis 60 Prozent verringern kann.
Frauen, die bereits ein Kind mit Neuralrohrdefekt geboren oder eine Schwangerschaft wegen eines solchen Defektes abgebrochen haben, sollten bei erneutem Kinderwunsch ebenfalls Folsäure einnehmen. Eine Dosis von vier Milligramm pro Tag hat sich in Studien als wirksam erwiesen. Auch diese Frauen sollten mit der Einnahme vier Wochen vor der Empfängnis beginnen und sie bis zum Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels fortsetzen.

Kann zu viel Folsäure schaden?

Zu viel Folsäure kann die neurologischen Veränderungen eines Vitamin B12-Mangels überdecken. Davon betroffen sind vor allem ältere Menschen, die Vitamin B12 aus der Nahrung nicht gut aufnehmen können. Der Effekt tritt allerdings erst bei Zufuhrmengen von mehr als 1000 Mikrogramm synthetischer Folsäure auf.
Nicht abschließend geklärt ist, ob die zusätzliche Einnahme von Folsäure die Zahl von Zwillingsgeburten erhöht. Es ist ebenfalls nicht abschließend geklärt, ob zusätzliche Folsäure das Wachstum von Krebsvorstufen, zum Beispiel im Dickdarm, fördert.

Was empfiehlt das BfR?

Bevorzugt empfiehlt das BfR allen Verbrauchern eine folsäurereiche Ernährung, die Frauen mit Kinderwunsch und Frauen im ersten Schwangerschaftsdrittel gezielt durch Folsäurepräparate ergänzen sollten. Dabei sollte bedacht werden, dass der Folsäurebedarf auch im weiteren Verlauf der Schwangerschaft und in der Stillzeit erhöht ist. Ärzte, Hebammen und Apotheker sollten Frauen im gebärfähigen Alter gezielt über die Wirkung von Folsäure aufklären und entsprechend beraten.
Falls sich Deutschland für eine obligatorische Anreicherung bestimmter Grundnahrungsmittel (zum Beispiel Mehl) mit Folsäure entscheidet, um eine gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung zu erreichen, sollte die Anreicherung weiterer Lebensmittel auf maximal 100 Mikrogramm pro Portion begrenzt werden, um eine Überversorgung der Bevölkerung mit Folsäure und die damit möglicherweise verbundenen Risiken zu vermeiden. Auf die Anreicherung von Erfrischungsgetränken sollte vollständig verzichtet werden.
Ziel einer Pflichtanreicherung von Grundnahrungsmitteln mit Folsäure ist die Verbesserung der Folsäureversorgung der Gesamtbevölkerung. Die Folsäuremenge, die zur Vorbeugung von Neuralrohrdefekten empfohlen wird, kann dadurch allerdings nicht erreicht werden. Dafür wäre weiterhin die gezielte Einnahme von Folsäure über Folsäurepräparate erforderlich.

Quelle:

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

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